Inspiration für den Alltag

Von Dennis Engel / 28. September, 2016

 

Heute gibt es wieder in der Rubrik “Inspiration für den Alltag” eine kurze Textpassage von Sakyong Mipham Rinpoche mit Fragen zum Kontemplieren. Einfach mal nachspüren und schauen was es im Alltag mit uns macht.

 

Das Leben ist ein Ritual

Wenn eine Gruppe von Menschen entscheidet, was wirklich ist, und diese Entscheidung dann in ein kollektives Ritual einbringt, wird dieses zur sozialen Realität, die unsere Privathäuser, unseren Arbeitsplatz, unsere Städte und Großstädte sowie unsere Nationen formt. Das Ganze basiert nicht nur auf den Vorstellungen eines einzigen Individuums, sondern auf einer kollektiven Vereinbarung, die in der Beziehung zwischen Überzeugungen und täglichem Handeln verankert ist. Ein gutes Beispiel hierfür ist unser moderner Kalender. Im Allgemeinen unterteilt der moderne Kalender die Woche in fünf Arbeitstage und zwei Ruhetage. In einigen Kulturen werden diese Ruhetage wiederum aufgeteilt in einen Tag für die Familie und einen Tag für die Religion. Als jedoch der Materialismus in den Vordergrund trat und Familie und Religion weniger wichtig wurden, galten die beiden Ruhetage als Tage für das Shopping, die Unterhaltung oder auch mehr Arbeit. In ihrem gegenwärtigen Ritual verbringt die Menschheit den größten Teil ihrer Zeit damit, Dinge herzustellen und Dinge zu kaufen. In diesem System sind persönliches Wachstum und Spiritualität keine Prioritäten mehr, da der Kalender nur noch wenig Raum dafür bietet, den Sinn des Lebens zu erforschen und das eigene Herz und den eigenen Geist weiterzuentwickeln. Mein Vater pflegte zu sagen: „Verlangen führt zu noch mehr Verlangen und nicht zu Befriedigung.“ Es ist die Wertschätzung, die zu Befriedigung führt, und sie basiert wiederum auf Achtsamkeit. Doch unser modernes Ritual ist von Tempo geprägt und das Verlangen lässt nur noch wenig Raum und Zeit für Wertschätzung. Wir fühlen uns nur selten zufrieden, und deshalb bekommen wir nie, was wir uns wünschen, weil wir unfähig sind, präsent zu sein. So baut sich langsam ein gewisses Maß an Unmut und Aggression auf, weil der menschliche Geist eigentlich jeden Tag Perioden der Befriedigung braucht, die jedoch nur im gegenwärtigen Augenblick zugänglich sind. Selbst wenn die Befriedigung nur darin besteht, ein Duschbad nehmen zu können, oder darin, dass wir doch noch rechtzeitig zur Arbeit gekommen sind, nachdem wir den Bus verpasst haben – wir brauchen im Lauf des Tages solch kleine Siege und müssen unser Leben genügend entschleunigen, um sie auch genießen zu können.

Aus: „Das Shambhala Prinzip“ von Sakyong Mipham Rinpoche  (erschienen im „Windpferd“ Verlag)

 

 

Nimm dir einen Moment Zeit und kontempliere folgende Fragen:

 

1.) Wie geht es mir gerade in diesem Augenblick? Fühle ich mich gestresst und bin auf der    Suche nach Ablenkung oder kann ich mich in diesem Moment entspannen so wie er ist?

2.) Wie kann ich mir Rituale schaffen die mich entschleunigen, um die alltäglichen Dingen mehr wertschätzen und genießen zu können ?

 

Viel Freude beim Kontemplieren und einen schönen Mittwoch,

Euer Shambhala Köln Blog

 

Text: Sakyong Mipham Rinpoche / Dennis Engel

Bild: Dennis Engel

Blog Redakteur: Dennis Engel

Über Dennis Engel

Dennis EngelDennis Engel ist 43 Jahre alt. Er ist Kundenbetreuer im Mobilfunkbereich und unterrichtet freiberuflich Meditation und Qi Gong. Seit 2008 ist er Mitglied bei Shambhala und durch Bücher von Pema Chödrön zum Shambhala Buddhismus gekommen. Er ist in der Kölner Shambhala Sangha als Meditationsunterweiser und Koordinator aktiv und Redakteur des Shambhala Köln Blog.