Shambhala und Gesellschaft

Von Heimo Fischer/ 30. Oktober, 2016

Heute gibt es einen weiteren Beitrag aus der Serie “Shambhala und Gesellschaft”. In dieser Serie werden in regelmäßigen Abständen Mitglieder aus der Shambhala Köln Sangha, ihre ganz persönlichen Gedanken veröffentlichen, wie sie den Shambhala Buddhismus mit der heutigen Gesellschaft und ihrem Alltag verbinden.

Heute schreibt Heimo Fischer dazu:

Vor kurzem bin ich auf meinem Computer durch die Urlaubsfotos dieses Sommers gestreift. Ein Bild von Dechen Chöling erinnerte mich, wie ich dort im Juli das Shambhala-Festival „Célebrer la vie“ besucht habe. Es ist eines der wenigen Programme in Dechen Chöling, die nicht auf Englisch, sondern auf Französisch gelehrt werden. Deshalb fehlt es wahrscheinlich in manchen europaweiten Ankündigungen. Schade, denn die Veranstaltung ist offen für alle. Wer kein Französisch kann, erhält eine Übersetzung ins Englische. Ich fand das sehr erfrischend. Denn obwohl ich die englische Sprache mag, bin ich oft irritiert, wie achtlos Shambhalier Begriffe oder Abkürzungen aus dem Englischen übernehmen, obwohl es passende Bezeichnungen in ihrer Muttersprache gibt. Da ich einige Jahre in Paris gelebt und dort im Zentrum praktiziert habe, weiß ich, dass es gerade in Frankreich viele Menschen gibt, die dieser unachtsame Umgang mit Sprache stört, manchmal sogar verletzt. Auch dieser Umstand, vermute ich, war ein Grund, dieses Festival so zu organisieren, dass die englische Sprache eine Nebenrolle spielt. Sprachen zeigen auf wunderbare Weise, wie vielfältig die Menschen sind. Bei dem Shambhala-Festival kamen diese Unterschiede besonders zum Tragen. Unter den Teilnehmern waren nicht nur Leute aus Frankreich, sondern auch aus Großbritannien, Spanien, den Niederlanden und Deutschland. Sehr berührt hat mich eine Meditationssitzung, an deren Ende die Opferung des Verdienstes in vier verschiedenen Sprachen vorgetragen wurde. Dieser Respekt vor dem besonderen und persönlichen Hintergrund eines jedes Menschen ist für mich ein wichtiger Teil von Shambhala. Begegnungen mit der Vielfalt des Lebens waren das Thema des Festivals. Zwischen kurzen Meditationssitzungen machte Catherine Eveillard als Lehrerin die Neueinsteiger mit den Grundlagen von Shambhala vertraut. In Workshops am Nachmittag entschieden sich die Teilnehmer für ein bevorzugtes Thema. Man konnte lernen, ein guter Gastgeber zu sein, Ausdruckstanz üben, kreatives Schreiben oder eine besondere Form von Yoga. Nicht nur die Tage des Festivals waren voll. Jeden Abend sprachen Referenten aus ganz unterschiedlichen Bereichen über das Projekt ihres Lebens. Ein Franziskaner-Mönch erläuterte seine botanischen Forschungen, eine Referentin erzählte, was sie während eines mehrmonatigen Aufenthalts bei Ureinwohnern im Amazonas-Gebiet gelernt hatte und ein ehemaliger Geschäftsmann erklärte, warum er ausstieg und heute ein autonom bestehendes Öko-Dorf aufbaut. Im Zentrum des Festivals stand die Idee, über diese Themen ins Gespräch miteinander zu kommen – egal, in welcher Sprache. Das wirkte vor allem während der Arbeit in kleinen Gruppen erstmal umständlich. Wer konnte, half mit Übersetzungen in und von Sprachen aus, die er beherrschte. Nur über Umwege erreichten Aussagen so ihre Empfänger. Nach einigen Tagen spielte sich das System ein und immer mehr Leute probierten sich in Sprachen aus, die sie glaubten, nur bruchstückhaft zu beherrschen. Es zeigte sich, dass sprachliches Vermögen nicht nur eine Frage des Könnens, sondern auch des Trauens ist. Im Ohr habe ich noch das Bekenntnis einer Französin, die am letzten Tag sagte, sie habe zum ersten Mal seit der Schule Englisch gesprochen – aber dieses Mal ohne Angst, einen Fehler zu machen. Bei Shambhala sprechen wir viel darüber, die Gesellschaft menschlicher zu machen. Mir hat das Festival eine Ahnung gegeben, wie ein Weg dahin aussehen könnte.

 

Text: Heimo Fischer
Bild: Shambhala Köln & Heimo Fischer
Blog Redakteur: Dennis Engel

img_8313Heimo Fischer ist 52 Jahre alt. Er ist Journalist und seit 2004 Mitglied bei Shambhala Köln. Er war auf der Suche nach einer Gemeinschaft, in der er lernen konnte zu meditieren. Nach mehrmonatiger Suche und einem kurzen Abstecher zu den Zen-Buddhisten, ist er beim Shambhlala Buddhismus gelandet. Er arbeitet im Kölner Zentrum in einer Taskforce mit, die Räume für das neue Shambhala Zentrum gesucht hat und nun den Umzug plant. Vergangenes Jahr hat er an der Ausbildung zum Shambhala-Guide teilgenommen und beteiltigt sich zudem an einer Gruppe, die einmal im Monat den offenen Meditationsabend am Donnerstag organisiert. Ein bis zweimal im Jahr koordiniert er auch Programme