Shambhala und Gesellschaft

Von Liane Stephan/ 15. Dezember, 2017

Heute gibt es einen weiteren Beitrag aus der Serie “Shambhala und Gesellschaft” im Shambhala Köln Blog. In dieser Serie veröffentlichen in regelmäßigen Abständen Mitglieder aus der Shambhala Köln Sangha ihre ganz persönlichen Gedanken, wie sie den Shambhala Buddhismus mit der heutigen Gesellschaft und ihrem Alltag oder auch im Beruf verbinden.

 

Heute schreibt Liana Stephan dazu, wie sie die Shambhala Prinzipien in ihrem Arbeitsalltag anwendet, erfährt und umsetzt:

Menschen gehen arbeiten. Viele Millionen Menschen in Deutschland stehen morgens auf und einer ihrer ersten inneren Sätze ist. „Schon wieder muss ich arbeiten!“. Mich schmerzt diese Tatsache, dass es nicht viele Menschen gibt, die mit Freude zur Arbeit gehen, die nicht wissen, dass sie einen Beitrag für unsere Gesellschaft leisten und dies auch spüren, die sich nicht freuen, ihre Kollegen und Kolleginnen zu sehen und diese zu unterstützen. Denn auch da ist eine Gemeinschaft, die gemeinsam etwas Wundersames hervorbringen kann, was der Einzelne nicht könnte. Was hätten wir für ein Deutschland, wenn jeder morgens auf der Bettkante säße und mit einem Strahlen auf dem Gesicht sagen könnte: „Ein neuer wundervoller Tag – wie dankbar und von Freude erfüllt bin ich, jetzt zu meiner Arbeit gehen zu dürfen!“. So sind die meisten Arbeitskontexte getrieben von einem stetigen InnovationsMUSS, Anpassungsgeschwindigkeiten und natürlich einem enormen Marktdruck. Dieser Druck wird meist ungehindert weitergegeben in alle Bereiche eines Unternehmens. Die Geschwindigkeit hat so zugenommen, dass man Menschen erlebt, die sehr gestresst sind, die 9-12 Stunden täglich arbeiten und nicht mehr merken, wie ihr Geist und ihr Herz langsam verkümmern. Sie leisten viel und sind engagiert, sind hoch intelligent, haben aber oft kein Empfinden mehr für sich und ihre Grenzen und für ihr eigentliches Menschsein. 180 Emails täglich, 100 Mal das Smartphone aus der Tasche ziehen, nicht mehr wirklich zuhören können, weil jede Sekunde, in der NICHTS passiert als unangenehm erfahren wird. Das zu sehen ist wirklich schmerzhaft. Der jetzige Moment ist nie spürbar für diese Menschen, alles dreht sich um weiter, schneller, höher. Das Kostbarste, nämlich das Leben, zieht vorbei. Dieser kleine Moment, in dem die Zeit stillsteht und ein wundersamer innerer Raum sich öffnet, bleibt verschlossen – zumindest sehr häufig. Genau da, wo das Menschsein stattfindet – in der Gegenwart. So fühle ich mich beschenkt vom Leben genau an diesen Orten, wo der Schmerz sehr groß ist, kleine Samen von Frieden und des „zu sich selbst wieder finden“ streuen zu dürfen. Das heißt nicht, dass ich Leistung verdamme. Im Gegenteil, ich bin davon überzeugt, dass Menschen, die Zugehörigkeit spüren und erfahren, die gegenseitiges Vertrauen spüren, ganz viel Leistungslust entwickeln können, auch ohne Druck, die innovativ sein können, weil sie entspannt sind und so am besten neue Ideen kreieren können. Wir (die Kalapa Leadership Academy) laden die Menschen dazu ein im Arbeitskontext, sich wieder zu spüren, ihren wilden Geist etwas zu zähmen und wahrzunehmen, dass sie nicht alleine leben. Dass es andere Menschen gibt um sie herum und dass es sich lohnt, gemeinsam mit anderen zu denken, zu fühlen und zu handeln. Wenn Führungskräfte an unseren langen Programmen teilnehmen und zum ersten Mal auf einem Kissen sitzen, bin ich immer sehr berührt. Schon oft habe ich dann gehört:

„Mir ist bewusst geworden, dass wir eben alle genau dasselbe versucht haben, – das fand ich ganz Besonders.”

„Ich habe die Anderen noch nie so deutlich wahrgenommen, obwohl wir ja gar nichts getan haben.“

„Ich konnte kaum glauben, dass ich nicht beim Atem bleiben konnte – ich mache doch sonst viel schwierigere Sachen!“

Aber natürlich gibt es auch:

„Das ist ja langweilig – das halte ich nicht aus.”

Wie auch immer, alle fangen an -die Mehrheit täglich-10 Minuten zu praktizieren und im Alltag vieles umzusetzen, sich seiner eigenen Handlungen und deren Auswirkungen bewusst zu werden, Freude wieder zu empfinden, Dankbarkeit zu spüren. Ich vertraue immer darauf, dass die Praxis ihre Wirkung zeigt und das tut sie. Es braucht da nicht so viele Worte. Die Sehnsucht nach diesem Kontakt zu sich selbst ist so groß. Viele Unternehmen haben jetzt Meditationsräume, wo sich Mitarbeiter zurückziehen können und wo sie mit anderen praktizieren können. Kleine Samen säen…für viele waren die Programme lebensverändernd, für andere nicht und einige konnten damit nichts anfangen…wir machen weiter…in dieser so entmenschlichten Welt lohnt sich jeder noch so kleine Same, den wir pflanzen können.

 

Mit diesem tollen Beitrag verabschiedet sich der Shambhala Köln Blog in seine kreative Winterpause! Ich wünsche Euch allen, eine entspannte Weihnachtszeit und einen guten Übergang ins Jahr 2018, Euer Blogredakteuer Dennis Engel

 

Text: Liane Stephan

Bild: Liane Stephan & Shambhala Köln

Blog Redakteuer: Dennis Engel

 

Über Liane Stephan

Liane Stephan ist 60 Jahre alt. Sie ist Geschäftsführerin der Kalapa Academy und arbeitet als Unternehmensberaterin, um das Thema “Mindfulness” in die Unternehmen zu bringen. Seit 2005 ist sie Mitglied bei Shambhala Köln. Zuerst war sie lange Mitglied in der Gemeinschaft des Zenlehrers Thich Nhat Hanh, und ist dann durch Freunde und durch Bücher von Chögyam Trungpa Rinpoche, in die Shambhala Gemeinde gewechselt. Im Shambhala Zentrum Köln engagiert sie sich, indem sie bei Programmen als Helferin oder Koordinatorin, tätig ist.