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Shambhala und Gesellschaft

Von Michaele Sonderfeld/ 15. Januar, 2017

Der Shambhala Köln Blog meldet sich aus seiner Pause zurück und wünscht allen Lesern ein gutes Jahr 2017. Heute gibt es einen weiteren Beitrag aus der Serie “Shambhala und Gesellschaft”. In dieser Serie werden in regelmäßigen Abständen Mitglieder aus der Shambhala Köln Sangha ihre ganz persönlichen Gedanken veröffentlichen, wie sie den Shambhala Buddhismus mit der heutigen Gesellschaft und ihrem Alltag verbinden.

 

Heute schreibt Michaele Sonderfeld dazu:

Als ich gebeten wurde, diesen Text zu schreiben, habe ich überlegt, was für mich die Verbindung von Shambhala und Gesellschaft ist. Das ist ja gar nicht so einfach in Worte zu fassen. Soweit ich mich erinnern kann, haben mich spirituelle Geschichten fasziniert. In meiner religiösen Erziehung habe ich aber immer unter moralischen bzw. scheinmoralischen Vorgaben gelitten und fühlte mich immer inadäquat. In den 70er Jahren politisch durch gerüttelt, suchte ich über aktive Zeiten in der Frauenbewegung, dem Engagement für eine „Freie Schule“, Arbeit in sozialen Brennpunkten auch nach Gesellschaftsformen die mehr Freiheit, Gerechtigkeit und innere Verbunden mit dem Menschsein versprechen, und habe dort auch viel Wertvolles erlebt und gefunden. Auch schnupperte ich immer wieder in verschiedenen spirituellen Richtungen. 1988 besuchte ich dann meine Schulfreundin in Boulder und verbrachte ein Wochenende im Shambhala Mountain Center – eine Reise, die viele besondere Begegnungen und Erlebnisse mit sich brachte. Nach dem Tod meines Mannes hat noch mal meine „alte“ Schulfreundin für ein weiteres Andocken bei Shambhala in Dechen Chöling gesorgt und ich hatte das Gefühl, nach Hause zu kommen. Seitdem ist Shambhala eine Priorität in meinem Leben. Endlich habe ich einen Pfad gefunden, der mein spirituelles Leben mit meinem Sein in der Gesellschaft mit Familie und Beruf und meinem Engagement in der Gesellschaft, also mit meinem gesamten Leben verbindet. Der Vision von Chögyam Trungpa Rinpoche und dem jetzigen Sakyong von erleuchteter Gesellschaft kann ich hundertprozentig zustimmen und mich dafür einsetzen. Hier kann ich immer wieder in der Zusammenarbeit mit anderen Shambhalianern und Shambhalianerinnen erleben, was „Erleuchtete Gesellschaft“ bedeutet. Natürlich ist der Pfad nicht ohne Hindernisse. Wir sind Menschen mit allen Facetten von individueller Ausprägung und Verwirrungen. Aber bei meiner Arbeit in Shambhala erlebe ich immer wieder die große Bereitschaft und Hingabe, über unsere antrainierten Gewohnheiten und Konzepten hinauszuwachsen. Die Shambhala Tradition umfasst alle Bereiche von Kultur, Kunst, Theater, Leben mit Familie, Freunden. Wie gehe ich mit anderen Menschen und Lebewesen um, wie mit der Umwelt. Nichts ist da ausgeschlossen, sondern ist in der Vision enthalten und kann ausgestaltet, erlebt und gelebt werden. Die Belehrungen sind allumfassend und verbinden uns mit unserer eigenen innewohnenden Weisheit. Mich begleitet es in meinem Alltagsleben, auch im Berufsleben. Das heißt nicht, dass ich als Personifizierung dieser Vision durch mein Leben laufe – leider. Aber ich erinnere mich dann doch auch in schwierigen Situationen an meine “Grundlegende Gutheit” und die der anderen und fühle mich so mehr mit mir verbunden. Wenn die Verbindung zur mir selbst gelingt, dann empfinde ich auch die Verbundenheit mit meinen Schüler/innen und den anderen Beteiligten in meiner Schule. Für mich ist ein Tag dann gut gelaufen, wenn ich wirklich mit den Menschen in der Schule in Berührung war, zumindest für Momente. Ich wünsche mir damit noch viel mehr Selbstverständlichkeit und ein Entspanntsein. Bei jedem Shambhala Programm schöpfe ich dafür neue Inspiration und Energie. Ich bin so froh, mehr Freiheit, Freude und Zufriedenheit in mein Leben eingeladen zu haben.

 

Text: Michaele Sonderfeld
Bild: Shambhala Köln & Michaele Sonderfeld
Blog Redakteur: Dennis Engel

 

Über Michaele Sonderfeld

Michaele Sonderfeld ist 60 Jahre alt. Sie ist von Beruf Lehrerin. Denn ersten Kontakt mit dem Shambhala Buddhismus hatte sie 1988. Seit 2004 ist sie Mitglied bei Shambhala Köln. Durch Ihren Mann der damals Kontakt mit der Karma Kagyü Linie hatte, fühlte sich Ihre Freundin ermuntert, Sie nach Boulder in ein Shambhala Zentrum einzuladen. 2002 wurde sie von Ihrer Freundin wieder motiviert mit Ihrem Sohn und mit ihrer Familie zum Familycamp in Dechen Chöling mitzukommen. Danach war Ihr klar, das der Shambhala Buddhismus Ihre spirituelle Heimat ist. Im Shambhala Zentrum Köln engagiert sie sich, indem sie Programme koordiniert, als Meditationsanweiserin oder als Kasung tätig ist. Sie ist Mitglied im Rat des Kölner Zentrums, da sie die Position Rusung (Regionsbeschützerin) ausübt.

Inspiration für den Alltag

 

Von Dennis Engel / 22. Dezember, 2016

Heute geht es in der Rubrik „Inspiration für den Alltag“ um das Thema Angst und wie man es vielleicht schaffen kann, mit ihr Freundschaft zu schließen.

 

Angst

Wenn ich mir aktuell die Nachrichten anschaue, geht es fast nur noch um die Themen Krieg, Terroranschläge, Gewalt gegen Frauen oder radikale Ansichten in der Politik. In den sozialen Medien fallen Begriffe wie Hassmails, Hasskommentare oder Fake News. Das löst bei mir, wenn ich ehrlich bin, oft ein Gefühl von Angst aus, die mich nur schwer aushalten lässt, weiter Nachrichten zu verfolgen. Daher habe ich mir nochmal angeschaut, was unsere Lehrer für Hilfestellung geben, wie man mit dem Thema Angst umgehen kann. Wie schafft man es bei den Themen der heutigen Zeit, mutig und offen zu bleiben und nicht von seinen Angst überwältigt zu werden? Genau zu dieser Frage habe ich folgendes von Chögyam Trungpa Rinpoche gefunden:

Die eigene Angst zur Kenntnis zu nehmen sollte Ihnen keine Probleme bereiten. Denn sie ist gar zu offenkundig und leicht wahrnehmbar. Haben Sie Schwierigkeiten, sich an einer Chrysantheme oder am Sonnenschein zu erfreuen, dann ist das ein Anzeichen von Angst. Durchaus möglich, dass Sie vor lauter Angst Ihren Sinn für Humor und Ihre Wertschätzung für das Dasein verlieren, an den Dingen keinen rechten Gefallen mehr finden und sich vielleicht der Klarheit und Lebendigkeit Ihrer Wahrnehmungen verschließen. Tatsächlich sollten Sie jedoch erkennen können, wie lebendig die Erscheinungswelt ist. Falls Sie nicht in der Lage sind, diese Lebendigkeit zu sehen, sollten Sie unbedingt genügend Achtsamkeit und Gewahrsein entwickeln, um mit Ihrer Angst arbeiten zu können. Untersuchen Sie genau, wie Angst entsteht, wie sie sich manifestiert und ihre Ausprägung findet. Je besser Sie Ihre Angst zu begreifen lernen, umso mehr wird Ihnen klar, dass sie eigentlich viel eher ein großer Witz und kein großes Problem ist. Versuchen Sie jetzt nicht die Angst zu verjagen. Vielmehr sollte die Angst gewissermaßen als das Anmachholz angesehen werden, mit dessen Hilfe Sie das große Feuer der Furchtlosigkeit entfachen. Die Angst steht am Ausgangspunkt des Weges zur Furchtlosigkeit. Darüber sollten Sie sich klar werden. Weder sollte die Angst in Ihren Augen etwas Schwarzes noch die Furchtlosigkeit etwas Weißes sein. Unbedingt aber sollten Sie mit der Angst Freundschaft schließen.

aus: “Der Angst ein Lächeln schenken” von Chögyam Trungpa Rinpoche (erschienen im “Windpferd” Verlag)

Angst zu haben ist ganz natürlich. Wenn mich aber meine Angst überwältigt oder ich sogar in Panik gerate, wird sie zu etwas sehr bedrohlichen. Schaffe ich es mit der Angst sein zu können, passiert es mir sehr oft, das ich spüren kann, was für eine große Kraft, Lebendigkeit und auch Befreiung in der Angst liegt. Nicht immer schaffe ich es so furchtlos zu sein, aber immer wieder stelle ich mich der Angst und laufe nicht weg, um so immer mehr Freundschaft mit ihr schließen zu können. Wie ist es bei dir? Wie gehst du mit deiner Angst um?

 

Ich wünsche Euch viel Inspiration beim Kontemplieren und Nachspüren dieses Themas und wünsche Euch einen schönen Donnerstag. Euer Dennis Engel vom Shambhala Blog Köln.

Der Shambhala Köln Blog verabschiedet sich hiermit in eine kleine kreative Pause und ist im neuen Jahr wieder mit interessanten Beiträgen für Euch da. Wir wünschen Euch allen eine friedvolle und entspannte Weihnachtszeit und einen guten Übergang ins Jahr 2017.

Kiki Soso!!!

 

 

Text: Dennis Engel / Chögyam Trungpa Rinpoche
Bild:  Dennis Engel
Blog Redakteur: Dennis Engel

 

Über Dennis Engel

Dennis Engel ist 43 Jahre alt. Er ist Kundenbetreuer im Mobilfunkbereich und unterrichtet freiberuflich Meditation und Qi Gong. Seit 2008 ist er Mitglied bei Shambhala und durch Bücher von Pema Chödrön zum Shambhala Buddhismus gekommen. Er ist in der Kölner Shambhala Sangha als Meditationsunterweiser und Koordinator von Programmen aktiv und außerdem Teilnehmer der Lehrertraining Jahresgruppe und Redakteur des Shambhala Köln Blog.

 

 

Gespräch mit Shastri Arnd Riester

Arnd Riester / 13.Dezember, 2016

Diesmal hat der Shambhala Blog Köln ein Gespräch mit Shastri Arnd Riester, über die bevorstehende “Winterklausur“ ab dem 27. Dezember, geführt. Shastri bedeutet im Sanskrit: “Lehrer der Sutras und Kommentare”. Bei Shambhala sind Shastris erfahrende Lehrer, die von Sakyong Mipham Rinpoche ausgewählt wurden, um den Bereich “Praxis und Studium” und das Curriculum des Shambhala Lehrpfades zu beaufsichtigen.

 

1. Warum ist es so wertvoll, sich gemeinsam in einer Gruppe zurückzuziehen, um eine Woche lang zu meditieren?

 

Die Shambhala Tradition geht nicht nur davon aus, dass der Wesenskern jedes einzelnen Menschen grundlegend Gut ist, sondern auch der Wesenskern der Gesellschaft selbst. Wenn wir uns die Zeit nehmen in einer Gruppe zusammen zu meditieren, was im Grunde nichts anderes ist, als unsere Erfahrung und unsere Gefühle zu spüren, werden wir diese grundlegende Gutheit erfahren. Wir spüren unseren innewohnenden Wert, der mit unserer Menschlichkeit untrennbar verbunden ist. Wenn wir mit den Augen von grundlegender Gutheit einen anderen Menschen betrachten, sehen wir seine Einzigartigkeit. Wir teilen mit allen Menschen dieses menschliche Herz, das uns sehr intim mit jedem unserer Mitmenschen verbindet. Diese Verbindung ist die Quelle von echtem Mitgefühl und wahrer Liebe.

 

2. Wie hilft “achtsames Erspüren” dabei, wieder mehr mit unserem “Menschsein” in Berührung zu kommen?

 

Achtsames Spüren bedeutet, dass wir uns unserer Erfahrung und unseren Gefühlen auf eine wertschätzende und liebevolle Art zuwenden und neugierig sind. Unsere Gefühle sind die Greifarme von grundlegender Gutheit, sie sind unsere Menschlichkeit. Wir sind gewohnt ständig unsere Gefühle und Erfahrungen zu bewerten. Durch die Entwicklung von Achtsamkeit können wir diese Gewohnheit erkennen und entspannen. Wir spüren unser waches, lebendiges Herz.

 

3. Wie sieht eine gute, menschliche Gesellschaft aus?

 

Das höchste Gut einer menschlichen Gesellschaft ist das Streben nach grundlegender Gutheit. Diese Gesellschaft gründet auf das wertvollste Prinzip des Menschen. Da grundlegende Gutheit unveränderbar ist, ist auch die Gesellschaft in ihrem Ausrichtung unveränderbar. Sie ist nicht abhängig von äußeren Veränderungen und kann darum Stärke, Intelligenz und Mitgefühl als grundlegende Werte des Zusammenlebens der Menschen entwickeln.

 

 

(Das Gespräch für den Shambhala Köln Blog führte Dennis Engel mit Shastri Arnd Riester)

 

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Das kommende Programm: “Winterklausur”
Datum:             27. Dezember 2016 (Beginn: 19 Uhr) bis 3. Januar 2017 (Ende: 18 Uhr)
Ort:                    Shambhala Zentrum in Köln
Anmeldung :    https://shambhala-koeln.de/calendar-details/?id=267301

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Interview: Arnd Riester / Dennis Engel

Bild: fotolia

Blog Redakteur: Dennis Engel

 

Über Shastri Arnd Riester

Arnd Riester ist 49 Jahre alt und engagiert sich als Shastri in der Shambhala Köln Sangha. Er ist Goldschmied und seit 1991 Mitglied bei Shambhala. In der Mitte seiner 20er war er auf der Suche nach dem Sinn und der Realität des Lebens. Auf einer langen Reise in Süd und Mittelamerika suchte er Antworten auf seine essentiellen Fragen. Weder das Reisen noch sonstige Versuche durch Drogen usw. haben ihn den Antworten wesentlich näher gebracht. Aus dieser Reise lernte er Menschen kennen die ihm Meditation vermittelten. Seine damalige Chefin im Goldschmidpraktikum war Mitglied von Shambhala und inspirierte ihn bei seinem ersten Wochenendseminar “Erleuchtete Gesellschaft schaffen” teilzunehmen.

Auf der Suche der Weisheits-Kraft von Gesellschaft – Teil 1

 

Von Sabine Rolf / 7. Dezember, 2016

 

Heute startet eine neue 4-teilige Reihe im Shambhala Köln Blog. Acharya Sabine Rolf wird in dieser Reihe untersuchen, wo uns die Kräfte des Zusammenlebens formen und wie wir durch eigene Wachheit dazu beitragen können, in unserer direkten Umgebung Weisheit und Mitgefühl in uns selbst und im Ungang mit anderen zu erwecken. Die Shambhala Tradition der Sichtweise von Grundlegender Gutheit besagt, dass uns als Menschen auf fundamentale Weise Weisheit und Freundlichkeit innewohnt. Diese Sicht lädt uns ein, uns und unser Leben wach und erfüllt zu erleben. Zentrale Bedeutung kommt dabei der Meditation zu, als Übung, in der wir direkt und praktisch Kontakt machen können zur eigenen Erfahrung dieser Gutheit. Als Shambhalianer verstehen wir uns ausdrücklich als Teil von Gesellschaft; wir versuchen nicht, unsere alltägliche weltliche Erfahrung von unserem spirituellen Pfad zu trennen.

 

Im 1. Teil geht es heute um das Thema “Familie” und Acharya Sabine Rolf schreibt dazu:

 

“Die Familie”

Für die meisten von uns ist die Familie der erste und engste Bereich, in dem wir diese Sichtweise überprüfen möchten. Die Weisheits-Kraft der Familie ist die Liebe und das Gefühl von Zugehörigkeit. Mutter und Vater sind die Ersten, die uns als Kind beschützen und uns zeigen, wie wir uns in der Welt verhalten können, welche Werte von Wichtigkeit sind. In der Verbindung mit Bruder und Schwester lernen wir Andersartigkeit. Die Begleitung unserer Grossmütter, Grossväter, Onkel und Tanten vermittelt uns Schätze und Wissen der Ahnen, durch ihre Präsenz und die Art, wie sie sich unserer annehmen. Feiern und Rituale, die wichtige Stationen im Leben markieren, bringen Mitglieder zusammen und sind Ausdruck der speziellen Atmosphäre von Intimität und Zusammenhalt in dieser Familie. Wir verstehen die Welt also zunächst von unserem Platz in der Familie, in der wir aufwachsen. Während der Ablösungsprozesse des Erwachsenwerdens entstehen dann unsere weiteren Erkenntnisse darüber, was es bedeutet, allein zu sein, aus diesem Verbund herauszutreten und sich in selbstgewählte neue „Gesellschaft“ zu begeben. Wir definieren uns neu, mit eigenen Werten und Visionen. Noch als Erwachsene finden wir uns nachhaltig geprägt davon, wie uns in der Familie begegnet wurde, z.B. wenn wir traurig, wütend, lustig waren oder „Schwierigkeiten machten“? Und wie lernten wir, uns selbst und anderen zu vertrauen? Die verwirrenste Kraft der Familie ist die Verstrickung. Das ist, wenn die enge Verknüpfung miteinander dazu führt, dass wir bedenkenlos Vorgaben folgen, was zu uns gehört und was nicht, und uns damit quasi in unser Kind-sein zurückziehen. In seiner weisheitsversperrenden Form wird das Versprechen von Liebe und Zuhause eingetauscht gegen Kleingeistigkeit, Abgrenzung („Die und Wir“) und Rückzug in die eigenen vier Wände („cocooning“). Weil wir es nicht wagen dürfen, selbstständig zu entscheiden und Verantwortung für unsere Entscheidungen zu übernehmen, können wir auch nicht die Würde erfahren, in unserer Einzigartigkeit wahrgenommen zu werden. Deswegen ist die grösste Übung in der Familie, eine Kultur von Wachheit zu kreieren, die es erlaubt, jedem einzelnen Mitglied Respekt und Akzeptanz entgegenzubringen und darüber hinaus, in der Familie angesammelte Weisheit und Schätze für andere zu öffnen und mit Ihnen zu teilen. Dies ist, was wir direkt und jederzeit üben können, unabhängig von der Grösse oder Beschaffenheit unserer Herkunftsfamilie. Es kommt darauf an, dass wir diese Weisheits-Kraft in unserem Alltag erkennen. Dann gibt es eine Wahl: ob wir sie absichtsvoll integrieren oder ob wir uns ihrer verwirrten Form ergeben wollen.

 

Text: Sabine Rolf

Bild: Hiltrud Enders (Miksang Lehrerin)

Blog Redakteur: Dennis Engel

 

 

Über Sabine Rolf

me_5070-oofzSabine Rolf ist 56 Jahre alt. Sie ist Germanistin und Philosophien und arbeitete in Leitungsteams von Bildungsträgern im Umweltbereich- und der Erwachsenenbildung. Sie ist Acharya in der Shambhala-Linie und lehrt europaweit zu Themen des Buddhismus, Shambhala und der Kontemplativen Psychologie, sowie Seminare zur achtsamen Kommunikation. Seit 1990 ist sie Shambhala Buddhistin. Als Kind liebte sie schon Geschichten von Jesus Christus und anderen Heiligen. Dann als Erwachsene weiter auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, blieben ihre Fragen zunächst jedoch im Philosophie- und Literaturstudium unbeantwortet. Als sie dann im Januar 1990 zufällig ein Shambhala 1 Wochenende in Hamburg besuchte, wusste sie, hier ist das was sie suchte. Nachdem sie viele Jahre in Köln wohnte, lebt sie nun in Ostwestfalen. Sie besucht das Kölner Shambhala Zentrum immer noch gerne und regelmäßig, um dort Seminare und die Lehrerjahresgruppe zu unterrichten.

Gespräch mit Anno Mühlhoff

 

Von Anno Mühlhoff / 27.November, 2016

Diesmal hat der Shambhala Blog Köln ein Gespäch mit unserem Sangha Mitglied Anno Mühlhoff geführt. Anno Mühlhoff hat sich am 31.12.2015 auf den Weg zum Kloster “Gampo Abbey” in Kanada gemacht. Dort wurde er für neun Monate ein buddhistischer Mönch und hat intensiv den Shambhala Dharma praktiziert. Nach seiner Rückkehr haben wir mit Ihm ein Gespräch über seine Zeit im Kloster geführt:

 

1. Was hat dich dazu bewegt neun Monate ins Kloster nach Gampo Abbey zu gehen?

Der Auslöser des Ganzen war der Nordrhein-Westfälische Innenminister, der etwa vor einem Jahr der Meinung war, die Polizisten in NRW sollen ihre Überstunden abbauen. Zu dieser Zeit habe ich auch das erste Mal bewusst die Werbung für das neunmonatige Programm in Gampo Abbey wahrgenommen, die mindestens schon eineinhalb Jahre an der Pinnwand im Shambhala Zentrum Köln gehangen hat. Außerdem hatte ich grundsätzlich schon immer eine Faszination fürs Klosterleben. Aber mir war immer bewusst, dass das keine lebenslange Option für mich ist. Doch die Strukturiertheit und die Einfachheit, in dem Sinne, dass man keine gravierenden Entscheidungen treffen muss, ist für mich persönlich sehr hilfreich im Kontext von Praxis und Lernen. Ich hätte mir auch vorstellen können, ein längeres Programm mit Körperarbeit wie Qi Gong oder Tai Chi besuchen zu können, aber es ist nun mal so gekommen. Es sind verschiedene Umstände zusammengekommen, die mir gezeigt haben, dass dies nun für mich dran ist.

 

2. Wie wichtig war für dich während der Klosterzeit in Gampo Abbey die Gemeinschaft, der Sangha?

 

Für mich ganz persönlich war die Gruppe ein ganz entscheidendes, wenn nicht sogar das entscheidende Element, was die Erfahrung getragen hat. Das war jetzt erst der 2. Jahrgang der im Kloster Gampo Abbey so gestaltet war, dass neun Monate Training am Stück in einer Gruppe organisiert waren. Vorher konnte man zu verschiedenen Terminen im Jahr nach Gampo Abbey kommen und hat den Aufenthalt dort individueller organisiert. Die diesjährige Gruppe ist über die Zeit enorm zusammengewachsen und hat ganz viel getragen. Für Klosterverhältnisse gab es, würde ich sagen, eine relativ offene Atmosphäre und keine rigide Disziplinvorgabe. Im Vergleich zu unserem Alltagsleben war es natürlich sehr diszipliniert. Wenn man sich mal nicht an die Regeln gehalten hatte, war es halt nicht so, dass man sofort korrigiert wurde, sondern man hatte eine relativ lange Leine. Die Gruppe war so stark, dass jeder die Freiheit bekam, die er brauchte. Gleichzeitig liefen aber alle in die gleiche Richtung, hatten das gleiche Ziel, und so wurde dementsprechend für jeden eine starke Erfahrung ermöglicht. Alle Elemente aus einen „normalen“ Sangha kamen dort natürlich auch zum Tragen. Durch unseren ständigen und echten Austausch, hat jeder hilfreiche Anregungen bekommen. Auch hat man sich nie mit seinen Problemen alleine gefühlt, weil jeder im Kloster einfache, menschliche Wärme und Unterstützung ausstrahlte. Das war sehr sehr wichtig, da neun Monate im Kloster schon ans Eingemachte gehen.

 

3. Gibt es eine Erfahrung/Erkenntnis aus dieser Zeit, auf die du besonders zurückblickst? Die dich sehr berührt hat?

 

Ja, da war eine Sache die mich sehr fasziniert hat. Als wir im sogenannten „Resident`s Retreat“ waren, hat man uns relativ freie Hand geben, was die Gestaltung unseres Tagesablaufs bzw. unserer Praxis anging. Genauer gesagt, wir sollten uns in dieser Zeit selbst organisieren und auch selbst die Art und die Intensität der Praxis wählen. In dieser Zeit habe ich mich entschieden vormittags, in der regulären Praxiszeit, für 3 Stunden einfach “nichts zu tun”. Das war gar nicht so leicht für mich. Mit “nichts zu tun” war gemeint, sich weder körperlich, noch sprachlich, noch geistig zu betätigen. Um dies tun zu können, ging ich für diese Zeit in den Wald außerhalb des Klostergeländes. Durch diese Erfahrung habe ich die Erkenntnis erlangt, das man nichts erreichen kann und nichts hinterher jagen muss. Ich habe es ein „katzenartiges Gefühl“ genannt. Katzenartig, weil Katzen ja auch sehr lange und unbewegt an einer Stelle sitzen können, einfach da sind und darauf warten, dass ihnen eine Maus über den Weg läuft. In unserem Alltag machen wir es genau anders. Meistens rennen wir ganz jeck durch die Welt, in der Hoffnung durch diese Aktion eine Maus zu fangen. Doch meine Erkenntnis war, dass wir gar nicht so hektisch etwas tun müssen, sondern wenn wir einfach sein können, das Leben ganz alleine zu uns kommt.

 

4. Was sind die wichtigsten Dinge, die du aus dieser Klosterzeit mit nach Hause genommen hast, um sie mehr in deinem Alltag zu leben bzw. zu kultivieren?

 

Meine Klosterzeit bzw. Erfahrung ist ja noch ganz frisch und deshalb weiß ich noch nicht genau, was sich daraus entwickelt. Aber was ich im Moment ganz klar sehe und kultivieren möchte, ist mein Leben mit mehr Einfachheit, Wärme und Mitgefühl zu leben und das auch auf andere auszustrahlen und ihnen zu helfen, dasselbe tun zu können.

 

(Das Gespräch für den Shambhala Köln Blog führte Dennis Engel mit Anno Mühlhoff)

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Im Januar 2017 startet wieder ein neunmonatiges Programm im Kloster “Gampo Abbey”, Kanada. Mehr Infos findet Ihr unter:

The Warriors Who Are Fearless – 2017 Residency

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Gespräch: Anno Mühlhoff / Dennis Engel

Bild: Anno Mühlhoff

Blog Redakteur: Dennis Engel

Über Anno Mühlhoff

img_1846aAnno Mühlhoff ist 40 Jahre alt. Er ist Polizeibeamter von Beruf und seit 2007 Mitglied bei Shambhala Köln. Über Tai Chi ist er zur Meditation gekommen. Eigentlich wollte er nur eine Technik erlernen und hat dann schnell gemerkt, das Meditation mehr als “nur” eine Technik ist. Durch das Dathün (4-wöchiges Meditationsprogramm), das er 2008 absolviert hatte, entstand das Vertrauen, das der Shambhala Buddhismus seine spirituelle Heimat ist. In der Kölner Sangha hat er sich in verschiedenen Rollen eingebracht. Er hat die offenen Meditationsabenden, das Nyinthün (einen ganzen Tag meditieren), Kurse und Seminare geleitet bzw. koordiniert.

Inspiration für den Alltag

 

Von Dennis Engel / 6. November, 2016
Heute geht es in der Rubrik „Inspiration für den Alltag“ darum, wie hilfreich es ist eine Gruppe zu haben, in der man gemeinsam Achtsamkeit, Bewusstheit und Offenheit in einem geschützten Umfeld üben kann.

 

Der Sangha

Im Zentrum des klassischen Buddhismus stehen die 3 Juwelen. Da ist das 1. Juwel der Buddha oder ganz einfach ein Mensch der es geschafft hat, aufzuwachen und so Erleuchtung erlangt hat und dieses Wissen als Lehrer weitergegeben hat. Das 2. Juwel ist der Dharma, die Belehrungen des Buddhismus, die Prinzipien oder eine Lebensweise, die uns aufzeigen und uns helfen sollen, wie wir uns aus leidvollen Gewohnheitsmustern befreien können, um so mit Realität in Kontakt zu kommen. Das letzte und 3. Juwel ist der Sangha, die Gemeinschaft von Menschen, die zusammen üben den Dharma zu verkörpern oder anders ausgedrückt, die üben wie man im Herzen und im Geist offenbleibt, um so mit Freundlichkeit und Wärme miteinander umzugehen. Sehr häufig wird der Sangha auch als spirituelle Familie bezeichnet. Im Shambhala Budddhismus ist unserer Lehrer Sakyong Mipham Rinpoche. Er unterrichtet und verkörpert den Dharma oder besser gesagt die Shambhala Lehren. Der Sangha sind die Menschen, die in einem Shambhala Zentrum oder einer Shambhala Gruppe üben, wie man die Shambhala Belehrungen bzw. Prinzipien persönlich und in einer Gruppe umsetzen kann, um sie so in den Alltag zu integrieren. Dies ist nur eine ganz einfache und simple Darstellung der 3 Juwelen von mir. In dem Buch “The Path of Individual Liberation”, eine Sammlung von Belehrungen Chögyam Trungpa Rinpoche, kann man im Kapitel “Reflecting on the Three Jewels” noch viel tiefer in das Thema der 3 Juwelen einsteigen. Das Buch ist zurzeit nur in englischer Sprache erhält.

Als ich vor gut 13 Jahren anfing mich für den Buddhismus zu interessieren, konnte ich mit den ersten beiden Juwelen sofort etwas anfangen. Mir war klar, dass ich einen Lehrer oder auch ein Vorbild brauche, an dem ich mich orientieren kann, um eine andere Lebensweise zu kultivieren. Mir war auch klar, wenn ich eine neue Lebensweise umsetzen möchte, ich einen Weg oder Prinzipien dafür benötige. Ich hatte aber immer Schwierigkeiten mit dem 3. Juwel, der Sangha – also der Gemeinschaft, der Gruppe. Warum brauche ich andere Menschen, um mich persönlich weiterzuentwickeln? Genau zu dieser Frage habe ich vor kurzen ein paar wundervolle Worte von Pema Chödrön gefunden, die wie ich finde gut beschreiben, warum eine Sangha so hilfreich ist:

Wenn wir in einer Familie leben, in der alle Mitglieder sich verpflichtet haben, ihre Rüstung abzulegen, dann können wir uns durch das Feedback, das wir einander geben, und die Freundlichkeit, die wir einander entgegenbringen, sehr dabei helfen zu lernen, wie man das macht. Wenn sich jemand selbst bemitleidet und beginnt, im Selbstmitleid zu schwelgen, dann sagen die Leute normalerweise zu ihr: „Ach, du armes Ding“ oder „Verflixt noch mal, reiß dich zusammen.” Aber wenn man selbst dazu entschlossen ist, die Rüstung abzulegen, und weiß, daß der andere es auch ist, dann kann man diesem Menschen tätsächlich das Geschenk des Dharmas machen. Mit großer Freundlichkeit und Liebe und aus eigener Erfahrung in dem Wissen um das, was möglich ist, geben Sie diesem Menschen die Weisheit, die Ihnen vielleicht erst gestern jemand anderer gegeben hat, als Sie am Boden waren. Sie ermutigen die Person, nicht auf das Selbstmitleid hereinzufallen, sondern zu erkennen, daß es eine Gelegenheit zum Wachsen ist und jedermann durch solche Erfahrungen geht.

aus: „Die Weisheit der Ausweglosigkeit“ von Pema Chödrön  (erschienen im „Arbor“ Verlag)

Ich habe ein wenig gebraucht die Gemeinschaft, den Sangha wertzuschätzen und habe auch immer wieder meine Reibungspunkte damit. Doch ohne Menschen, die mir auf mitfühlende und freundliche Art und Weise Rückmeldung geben, hätte ich mich niemals weiterentwickeln und wachsen können. Es wird im Shambhala Buddhismus immer davon gesprochen, das wir eine Gesellschaft, eine erwachte Gesellschaft schaffen wollen. Und hierfür ist es nicht nur wichtig alleine ein anderes Verhalten zu üben, sondern auch zusammen zu lernen, wie man verständnisvoll, freundlich und mit Mitgefühl miteinander umgeht. Dann ist eine Gesellschaft, die auf den Prinzipien von Neugierde und Offenheit gründet, nicht nur eine Utopie.

 

Viel Freude beim Kontemplieren und Nachspüren dieses Themas und einen schönen Sonntag, wünscht Euch Dennis Engel vom Shambhala Blog Köln.

 

Text: Dennis Engel / Pema Chödrön
Bild: Andrea Quenzer (Miksang Praktizierende)
Blog Redakteur: Dennis Engel

 

Über Dennis Engel

Dennis EngelDennis Engel ist 43 Jahre alt. Er ist Kundenbetreuer im Mobilfunkbereich und unterrichtet freiberuflich Meditation und Qi Gong. Seit 2008 ist er Mitglied bei Shambhala und durch Bücher von Pema Chödrön zum Shambhala Buddhismus gekommen. Er ist in der Kölner Shambhala Sangha als Meditationsunterweiser und Koordinator von Programmen aktiv und außerdem Teilnehmer der Lehrertraining Jahresgruppe und Redakteur des Shambhala Köln Blog.